Sonntag, 5. April 2009

Der Sinn des Lebens

Ach ja, der Sinn des Lebens... Es gibt viele Paraphrasen dieser tiefsinnig erscheinenden Frage - Wo kommen wir her, wo gehen wir hin? - Oder, um es mit Douglas Adams zu sagen: "Die Frage nach dem Leben, dem Universum und den ganzen Rest". Ich als Anhänger von prosaischen Antworten auf poetische Fragen denke, dass die Frage in dieser Form erstens missverständlich formuliert und zweitens aus einem Anflug von Größenwahn heraus entstanden ist.

Missverständlich deshalb, weil "Sinn" meistens impliziert, dass das Etwas, dessen Sinn wir suchen, von jemandem aus einer Intention heraus für irgendwas geschaffen wurde, also einen Zweck hat. "Was ist der Sinn (und Zweck) eines Computers?", ist damit eine berechtigte Frage. Den "Sinn des Wetters" sucht man dagegen vergebens. Das Wetter ist einfach da. Es ist eine Naturerscheinung, genauso wie wir. Niemand hat uns gemacht oder erschaffen, wir sind, auch wenn es ernüchternd klingt, das Produkt eines Selektionsprozesses von zufälligen Mutationen eines kohlenstoffbasierten komplexen Moleküls. All die Wunder, die der Mensch bisher vollbracht hat, die Symphonien von Beethoven, die Relativitätstheorie, die Landung auf dem Mond, sind, um es mit Carl Sagan zu sagen, "Dinge, die Wasserstoffatome anstellen, wenn man ihnen 15 Milliarden Jahre Zeit gibt."

Aber woher kommt dann die Frage nach dem Sinn des Lebens überhaupt? - Nun, über Jahrtausende hinweg war es eine nicht zu hinterfragende Selbstverständlichkeit, dass wir doch irgendwie geschaffen wurden, von einem oder mehreren Göttern. Geschaffen - aha, dann doch wohl zu einem Zweck! Das Leben war von einem geheimnisvollen Sinn erfüllt, denn so ein Gott macht sich ja nicht umsonst die Mühe. Und dann plötzlich - ich übergebe das Wort hier an Steven Weinberg, der es vorzüglich formuliert hat:

"Die Menschen hielten sich selbst für Figuren in einem kosmischen Drama: Wir wurden geschaffen, haben gesündigt, werden erlöst – eine ganz große Geschichte. Nun merken wir, dass wir eher wie Schauspieler sind, die ohne Regieanweisung auf einer Bühne herumstehen, und dass uns nichts anderes übrig bleibt, als hier ein bisschen Drama, dort ein wenig Komödie zu improvisieren."


Sigmund Freud hatte schon einmal eine ähnliche Eingebung gehabt und entwickelte die Theorie von den "Kränkungen der Menschheit". Danach war die erste (kopernikanische) Kränkung die, dass der Mensch plötzlich einsehen musste, die Erde sei nicht der Mittelpunkt des Universums, sondern ein unbedeutender Steinbrocken irgendwo am Rande der Milchstraße. Die zweite Kränkung kam von Darwin, der uns anschaulich machte, wie der Mensch auf natürliche Weise ohne göttlichen Hauch von einem gemeinen affenähnlichen Vorfahren entstehen konnte. Ich denke, daher kommt auch die ewige Frage nach dem Sinn des Lebens: Früher war der Sinn aufgrund des religiösen Einflusses selbstverständlich vorhanden und ganz einfach bei dem Pfarrer/Priester/Schamanen deines Vertrauens zu finden. Ist der Mensch aber als bloßes Upgrade des Affen entzaubert, so sucht man (vielleicht unbewusst) - nach einem Ersatz für den verlorenen Thron - und erfindet einen Sinn des Lebens, der gar nicht da ist, weil es niemanden gibt, der uns diesen "objektiven" Sinn geben kann.

Was uns nicht daran hindert, das Leben bedeutungsvoll zu leben, zu versuchen die Welt zu verstehen und Gutes zu tun. Diesen Sinn - oder besser: Inhalt - müssen wir dem Leben aber selbst geben, er liegt also einzig und allein in unserer Hand.